Ast. “Sonnenenergie ist ansteckend†und noch dazu, wenn sie thematisch so kompetent vermittelt wird, wie es Dieter Gewies am 22. April in der Gemeinde Tiefenbach tat. Der Bürgermeister aus Furth stellte vor gut 50 Zuhörern das hervorragend funktionierende Energieprogramm seiner Gemeinde vor, er schilderte die Anfänge des ehrgeizigen Projekts über die Jahre von der Planung über die Verwirklichung bis zum heutigen Ist-Stand. Die Veranstaltung fand in der Sportgaststätte der DJK Ast statt, Veranstalter war das Neue Bürgerforum der Gemeinde Tiefenbach.
Öl ist endlich, Gas kann teuer werden. Niemand gibt die Garantie, dass in 50 oder 100 Jahren noch Erdöl geschöpft werden kann. Somit ist Energie ein Thema, das alle angeht, Politiker in der ganzen Welt genauso wie den Bürger einer kleinen Stadtrandgemeinde wie Furth. „Es gäbe keine Energieprobleme, wäre frühzeitig nach Alternativen geschaut worden“, sagte Gewies einführend in seinen Vortrag und jetzt sei der allerletzte Zeitpunkt, schnell zu handeln.
Aber wie funktioniert es, erneuerbare Energien in eine Gemeinde zu bringen, die größtenteils mit fossilen Brennstoffen versorgt wird? Das Neue Bürgerforum befasste sich im Vorfeld mit den Fragen rund um die Energie und der umfangreichen Energie-Palette, man schaute sich in der österreichischen Vorzeigestadt Güssing sogenannte Biogasanlagen an und stellte fest, dass in jüngster Zeit viele Gemeinden eine hundertprozentige Unabhängigkeit von Öl und Gas als Ziel definieren. Der Gemeinde Furth gelang das schon vor Jahren.
Seit einem Vierteljahrhundert ist Furth führend im Bereich Erneuerbarer Energien. Als erste Gemeinde Deutschlands erhielt sie Modellcharakter. Dieter Gewies erzählte den spannenden Anfang. Eine Studentengruppe bekam den Auftrag, mögliche Potenziale für eine Energiegewinnung zu erforschen: Wind und Wasser fehlten, es kam also nur die Sonne als Energiequelle in Frage. Die ersten Sonnenkollektoren eroberten die Dachflächen. Heute tankt beinahe jedes Gebäude die kostenlose Energie.
Der stark der Ökologie und Ökonomie zugetane „Grünen“-Bürgermeister Gewies machte nach Agendaprozessen weiter auf energiewirtschaftliche Themen aufmerksam. „Die Bürgerbeteiligung war enorm“, so dass „einer riesigen Bewusstseinsbildung automatisch die Tat folgen konnte“. Er verschreibt den Erfolg vor allem der umfassenden Information der Bürger und deren selbstverständliche Einbeziehung in alle Konzepte und die Planung.
So wurde bald die Idee des „Bürgersolarkraftwerkes“ entwickelt und erstmals umgesetzt, Solaranlagen auf Privathäusern und öffentlichen Gebäuden erzeugen Strom. Die erste netzgekoppelte Photovoltaikanlage Niederbayerns steht in Furth ebenso wie das erste deutsche Hackschnitzelheizwerk mit Brennwerktechnik und Solarunterstützung, das den Ortskern und eine Wohnsiedlung mit Wärme versorgt. Eine Biogasanlage erzeugt nicht nur Elektrizität, sondern versorgt noch sechs Häuser mit Wärme. Das Solarzentrum Furth ist einer der größten Spezialbetriebe in Bayern auf dem Gebiet der Photovoltaik, das auch bei der Sanierung der alten Brauerei in Furth und der Errichtung des neuen Dorfzentrums höchste ökologische Maßstäbe gesetzt hat.
Wichtig war dabei, so der Referent, dass nie ein kommerzieller Investor eingeschaltet wurde. Der nicht mindere Gewinn bleibt in der Gemeinde. Geld, das anderswo an Ölförderländer geht, fließt in Furth in die Bildung, die Erziehung und die Infrastruktur. Auch hier sind die Furtherinnen und Further Vorreiter. Selbstverständlich ist für sie der bewusste Umgang mit der Energie und der Blick auf die Nachhaltigkeit. Für die Speisung der Biogasanlage kommen nur nachwachsende Rohstoffe aus der Region in Frage: Holz, Hackschnitzel und Gartenabfälle. Mit der Bepflanzung der Bachufer stehe beispielsweise kontinuierlich nach-wachsendes Brennholz zur Verfügung, nach Gewies zugleich eine hervorragende Renaturierung der Gewässer.
Etwa 20.000 Politiker, Ingenieure, Bürgermeister, Gemeinderäte und ausländische Gäste konnten sich bisher von der Energiepraxis der Gemeinde Furth überzeugen. Dieter Gewies gibt allerdings den Rat, Energiekonzepte nicht total nachzuahmen. Jede Gemeinde sollte nach ihren Ressourcen planen, jedoch mit „Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger“, die damit „Verantwortung für die Entwicklung ihrer Heimat und ihres Lebensraumes tragen“.
Ein Anliegen, das auch dem Neuen Bürgerforum, so dessen Vorsitzender Oliver Kapser „sehr am Herzen liegt“.