Die sogenannte konstituierende Sitzung des neuen Gemeinderats fand unter besonderen Vorzeichen statt. Die Corona-Maßnahmen inklusive Handdesinfektion und Maskenpflicht wurden umgesetzt, bis die Besucher und Gemeinderäte an ihren Plätzen saßen. Dann durfte gelockert werden.
Leider waren wegen der Akustik in der großen Halle nicht immer alle Redebeiträge gut hörbar. Das aufgestellte Mikrofon wurde nur selten benutzt, wobei die Lautsprecheranlage nicht ausreichend dimensioniert war.
Bürgermeisterin Birgit Gatz führte gut strukturiert durch die erwartungsgemäß lange Sitzung und ließ meist geduldig alle Redebeiträge zu. Der öffentliche Teil endete erst nach über drei Stunden um 22:15 Uhr. Sie beschwor eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit im neuen Gemeinderat und und wünschte sich ein gemeinsames Miteinander zum Wohle der Gemeinde. Anschließend vereidigte sie die neuen Gemeinderätinnen und -räte.
Bei der Wahl des 2. und des stellvertretenden Bürgermeisters war es jedoch spätestens mit dem gemeinsamen Miteinander vorbei. Die unterlegene Bürgermeister-Kandidatin Sigrid Amann (CSU) hielt eine bemerkenswerte Bewerbungsrede, die mit gleichsam verbindenden wie auch kämpferischen Elementen gefüllt war. Mit gut formulierten und inhaltlich überzeugenden Argumenten machte sie eine gute Figur. Auch betonte sie die Notwendigkeit, dass die jüngere Generation auch an mitverantwortlicher Stelle an die Gemeindearbeit herangeführt werden solle.
Lorenz Braun (WGT) wurde wieder für das Amt des 2. Bürgermeisters vorgeschlagen, Bernhard Haider (FDP) für das Amt des sogenannten „weiteren Stellvertreters“. Enttäuschend dann die erkennbar unvorbereiteten Reden der beiden bisherigen Amtsträger. Die Argumente pro Wiederwahl waren eher Floskeln als fundiert. Betont wurde die bisherige gute Zusammenarbeit mit der Bürgermeisterin, dass man längst noch nicht zu alt sei, dass man das Amt bisher schon gemacht habe und dass man es auch wieder gerne machen würde. Insbesondere bei Haider kein Wort, welche Tätigkeiten er erfolgreich ausgeführt hat und welche Qualifikation er für das Amt mitbringt.
Dies reichte offenbar dennoch der Mehrheit des Gemeinderats, um die bisherige Konstellation an der Ratsspitze beizubehalten. Mit jeweils 10:7 Stimmen wurden Braun und Haider wiedergewählt. Die Wahl Brauns zum 2. Bürgermeister wurde in geheimer Wahl durchgeführt, die Wahl Haiders erfolgte bestimmungsgemäß per Handaufheben. Der Wahlausgang war nicht wirklich überraschend. Spätestens die kurz vor den Kommunalwahlen im März ausgesprochenen Empfehlungen von Braun (WGT) und Haider (FDP) für die Wieder-Wahl von Bürgermeisterin Gatz waren quasi gleichbedeutend mit der Wiederwahl als ihre Vertreter.
Kommentar: Das Kommunalwahlrecht legitimiert zwar das beschriebene Wahlverfahren, dass nämlich zweite und weitere Bürgermeister vom jeweiligen Kommunal-Parlament gewählt werden. Das ist nicht nur in Tiefenbach so, sondern in allen Städten und Gemeinden. Ob das jedoch immer „fair“ ist oder gar den Wähler-Willen ausdrückt, darf natürlich hinterfragt werden. In vielen Kommunen kommt es oft zu abenteuerlichen Abstimmungsergebnissen, um unliebsame Gegenkandidaten auszubooten.
Das mag alles politisch und rechtlich abgesichert sein, ein „Gschmäckle“ haben solche Deals schon.
Weiter im Bericht.
Es schloss sich ein zähes Ringen um die Geschäftsordnung an. Im Vorfeld war den Gemeinderäten das Muster des bayerischen Gemeindetags zugegangen. Nicht von jedem war es als Entwurf für die Gemeinde Tiefenbach gesehen worden, über den abgestimmt werden sollte. Wieder andere beteiligten sich überhaupt nicht an den durchaus kontroversen Diskussionen. Unsere Gemeinderätin Lisa-Marie Kapser war jedoch – wie auch die CSU-Fraktion – erkennbar gut vorbereitet. Sie konnte in den Tagesordnungspunkt detailliert einsteigen und hat an mehreren Stellen durch fundierte Nachfragen zur Beseitigung von Unklarheiten beitragen können.
Mehrere Zwischen-Abstimmungen über einzelne Punkte wurden vorgenommen, längst nicht überall herrschte Einigkeit. Insbesondere an den Stellen, wo es um die Erweiterung des alleinverantwortlichen Finanzbudgets für die Bürgermeisterin ging, aber auch dort, wo manche Räte deutlich detailliertere Unterlagen als bisher zu Tagesordnungspunkten vor der nächsten Sitzung haben möchten.
Dennoch wurde die Geschäftsordnung dann einstimmig beschlossen, was der geschickten Vorgehensweise von Bürgermeisterin Gatz zugeschrieben werden kann.
Andiskutiert wurde die „Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts“, kurz: die Zusammensetzung des Gemeinderats und die Sonderaufgaben einzelner Räte, z.B. die Mitgliedschaft in Ausschüssen. Die Zusammensetzung des Rechnungsprüfungsausschusses stellte sich als schwierig dar, der Beschluss darüber soll in der nächsten Sitzung gefällt werden.
Fazit dieser ersten (konstituierenden) Sitzung des neuen Gemeinderats:
Erkennbar waren die nach wie vor aus der Vergangenheit herrührenden Unterschiede und „Gräben“ zwischen den einzelnen Gruppierungen. Schwierig dürfte es nach wie vor sein, gute Vorschläge auch aus Reihen derer durchzubringen, die gerade mal nicht ins „Regierungslager“ gehören. Es ist zu befürchten, dass es nicht immer um Inhalte, sondern oftmals um Befindlichkeiten geht und Anträge „per se“ abgelehnt werden.
Diese Erfahrung hat das Neue Bürgerforum in vielen Jahren zähen Ringens zur Genüge bereits machen können.
Es bleibt zu hoffen, dass sich das Miteinander eines Gemeinderats, wie Bürgermeisterin Gatz es sich gewünscht hat, als solches auch für die Gemeindebürger erkennen lässt. Ein dauerhaftes Block-Abstimmungsverhalten wäre diesbezüglich kontraproduktiv. Hierauf sollte man ein Auge werfen.